Rinderrassen
In Deutschland gibt es ca. 13 Millionen Rinder. Etwa 47 Prozent zählen zur Rasse Deutsche Holsteins (schwarz- und rotbunt), 29 Prozent zum Fleckvieh, die restlichen rund 24 Prozent sind Rinder sonstiger Milch-, Zweitnutzungs- und Fleischrassen und Kreuzungen. Bei der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Rinderzüchter e. V. (ADR) sind 41 Rinderrassen registriert.
Hereford
Wenn es gilt, grünes, für den Menschen unverdauliches Gras in für ihn bekömmliche große, saftige Steaks zu verwandeln sind die Herefords erste Wahl. Diese lediglich mittelgroße Fleischrasse ist wie geschaffen, um auf den saftigen Weiden Mittelenglands nur und ausschließlich grasend groß und stark zu werden. Bei den hierzulande üblichen Kraftfutterergänzungen neigen die Herefords folglich zur grenzenlosen Verfettung. Ihr Markenzeichen ist der weiße Kopf. Wuchtig auf einem breiten Hals ruhend lugt er aus der sie umhüllenden fuchsroten Decke hervor. Diese scheint förmlich unter der Fleischfülle zu platzen. Der helle Kopf ist weltweit bekannt nicht zuletzt,weil das Konterfei viele Cornedbeefbüchsen ziert. Die darauf abgebildeten hellen nach unten geschwungenen Hörner fehlen inzwischen den meisten Herefords. Sie sind genetisch hornlos und das nennen die Engländer „polled“.
Piemonteser
Knackig (wie die aus der Mon- Cherie Werbung bekannte Kirsche) ist - kurz und knapp - auch die zutreffende Charakterisierung des Rindes aus dem Piemont, einer Region im westlichen Norditalien. Die Rasse stellt eine gelungene Synthese aus alpinem Höhenvieh und podolischen Rindern dar, die durch einen Spritzer Zebublut aus dem fernen Indien seinen ganz besonderen Adel erhält. Beleg für die fernöstliche Einmischung sind die gespaltenen Dornfortsätze an den ersten Brustwirbeln. Das weit ausladende Hinterteil wird bei den nur mittelgroßen grauweißen Rindern durch die wohl geformten Schultern und die mächtige Nacken- Halspartie ausbalanciert. Das Vorne und Hinten ist verbunden durch einen langen breiten Rücken, der größte Fleischfülle verspricht. Angetan von den formvollendeten Figuren sollte man dennoch bei der Einkreuzung von Piemontesern Vorsicht walten lassen, da Doppellendigkeit bei ihnen nicht selten ist.
Chianina
Im Val di Chiana ist der Ackerboden so schwer, daß er sich nur mit starken Treckern bearbeiten läßt. Die heimische Rinderrasse, die Chianina, besitzen die dafür notwendigen Eigenschaften. Gerühmt wird sie schon in den ersten landwirtschaftlichen Lehrbüchern, die vor mehr als 2000 Jahren im alten Rom verfasst wurden. Bis heute gilt sie als die größte Rinderrasse der Welt. Geradezu legendär ist der Bulle „Donetto“ der seinerzeit 1750 Kilo auf die Waage wuchtete. Die weißen Riesen der Toskana bestechen nicht nur durch ihre schiere Größe, auch durch das tiefe Kohlschwarz der Augenumrandung, des Flotzmauls und der Schwanzspitze, das mit dem matt glänzenden Porzellanweiß ihres Fells kontrastiert. Jenseits des Atlantiks war der Einsatz von Chianinabullen in den Fleischrinderherden nur mäßiger Erfolg beschieden. Superstars sind aber die mehr als 2 Meter großen Ochsen bei den in den USA recht beliebten „Oxpulling“ Wettbewerben.
Rotbunte Holsteiner
Seit Gregor Mendel wissen wir, warum schwarzbunte Kühe rotbunte Kälber bekommen, auch wenn der Vater nachweislich schwarzbunt ist. Die Fellfarbe Schwarz ist dominant. So kann sich das rezessive Rot under cover in der HF-Zucht verbreiten. Die ausgemeldeten Rotbunten sind sicher reinerbig und bei anderen Rassen sehr beliebt zum Aufpeppen der Milchleistung wie etwa beim Fleckvieh. In einigen deutschen Regionen hat man sich schon in früheren Jahren ganz den Rotbunten zugewandt so etwa im Westen oder im Norden. Während die Westfalen eher an an einer Steigerung der Milchleistung interessiert waren, um den nahen Kohlenpott mit Frischmilch zu versorgen, konzentrierten sich die Holsteiner eher auf das Muskelwachstum, um ihre fetten Marschweiden möglichst effektiv zu nutzen ohne großen Arbeitsaufwand. Auch anderswo hätten Mäster gerne die nordischen Bodybuilder in ihren Ställen, wenn sie nur welche bekommen könnten.
Scottish Highland Cattle
Im schottischen Hochland kann nur ein Rind überleben, das dem dort obligatorischen Tief trotzt und dem Wind und Wetter nichts anhaben können. Die robusten Strubbelköpfe mit den langen Stirnwaffen können auch bei kärglichster Kost mit Binsen und Heidekraut überleben. Sollen die Kühe aber alljährlich ein Kalb bekommen und dieses auch ordentlich großziehen, muß die Fütterung etwas gehaltvoller sein. Die zotteligen Schottinnen danken eine derartige Fürsorge mit Gesundheit; Fruchtbarkeit und einem langen Leben. Auf deutschen Weiden bevorzugt man die haarigen Schönen in Rot mit verschiedenen Schattierungen. Nur sehr selten sieht man sie in Schwarz. Diese gelten als besonders hart. Von ihnen wird glaubhaft berichtet, dass sie den Weg zu ihren Sommerweiden auf die Inseln vor der Küste schwimmend zurücklegen mussten und auch konnten.
Blauweiße Belgier
Blauweiße Belgier, die auch schwarzweiß oder reinweiß sein können, sind im wahrsten Sinne des Wortes vollfleischig. Bei ihnen ist ein Erbmerkmal kultiviert, das früher als Erbdefekt angesehen wurde, das Doppellendergen. Es bewirkt ein extrem gesteigertes Muskelwachstum schon im Mutterleib, was wiederum für eine natürliche Geburt zu absolut zu großen Kälbern führt. Als Mitte des vorigen Jahrhunderts der Kaiserschnitt zur tierärztlichen Routine wurde, verloren die Doppellender ihren Schrecken für die Mutterkühe und ihre Geburtshelfer. Diese Veranlagung zu solchem exorbitanten Fleischwachstum ist gekoppelt mit gering ausgeprägter Depotfettbildung und sehr feinem Knochenbau. Daher werden die Blauweißen oder Weißblauen von den Bullenmästern nicht nur stark nachgefragt, sondern auch außerordentlich hochbezahlt. Die können nämlich sicher sein, daß auch die Metzger für ein Tier, das einen blauen Schlachtkörper verspricht mit mehr als 70 Prozent Ausschlachtung, nicht auf den Cent schauen.
Blonde d`Aquitaine
Großgewachsene, wohlgeformte Blondinen haben immer schon, nicht nur bei den Franzosen, Eindruck erweckt. Bei den Rinderzüchtern sind diese allerdings nicht nur zwei- sondern in erster Linie vierbeinig und kommen aus den Pyrenäen. Dort entstand in den letzten 50 Jahren aus den drei semmelblonden Landschlägen Quercy, Garonnaise und Blonde des Pyrenees durch geschickte Einkreuzungen und strikte Selektion eine neue Rinderrasse unter dem Namen Blonde d`Aquitaine. Anfänglich wurde diese nur gerühmt wegen der exzellenten Qualität ihrer Nachkommen in der Kälbermast. Inzwischen stellen die Blonden die französischen Klassiker Charolaise und Limousin leibhaftig in den Schatten. Sie sind nicht nur genauso hoch und genauso breit wie diese. Sie sind darüber hinaus wenigstens eine Elle länger und das bedeutet mehr Roastbeef , mehr Filet und mehr T-bonesteaks.
Welsh Black
Wales, die Heimat der pechschwarzen Kühe mit den hellgelben Hörnern, liegt traditionell eher am Rande des britischen Wohlstandes. Die bescheidenen Schwarzen entschädigten die Kleinbauern und Bergleuten für die ärmliche Unterkunft und die karge Verpflegung in Naturalien mit Milch und Fleisch. Ein bisschen Bares brachten die Ochsen. Nachdem sie sich daheim mehr oder weniger groß gehungert hatten, wanderten sie auf die fetten Weiden Englands, wo sie ihr enormes Wachstumspotential zeigen konnten, das denen der spezialisierten Fleischrassen ebenbürtig ist. Inzwischen sind auch die weiblichen Walliserinnen weltweit gefragte Mutterkühe. Robust und anspruchslos sorgen sie für ihre Kälber auch nach einem Seitensprung mit einer der großen Fleischrassen. Diese Kälber drohen ihnen aber wortwörtlich schnell über den Kopf zu wachsen.
Dun Galloway
Dun ist die Farbe des Dufflecoats, jenes legendären Kapuzenmantels der englischen Armee, den schon General Montgomery trug. Es ist ein helles Zimtbraun oder, wie böse Zungen behaupten, ein schmutziges Graubraun. Die Dun Galloways haben nicht nur die Farbe mit dem Mantel gemeinsam. Sie sind wie jener robust, strapazierfähig, pflegeleicht und unverwüstlich. Ihnen kann weder Wind noch Wetter etwas anhaben, und ihnen ist eine lange Lebensdauer vergönnt. Da die beigen Allesgraser früher bei den Schotten weniger beliebt waren als ihre schwarzen Brüder, ist die Zuchtpopulation relativ klein und hin und wieder im Dienste der genetischen Vielfalt auf schwarze Blutzufuhr angewiesen. Allerdings dunkeln die Kälber dann etwas nach. Übriges, bekanntlich gibt es den Dufflecoat auch in schwarz.
English Longhorn
Urvieh ist gewiß eine passende Beschreibung der Englischen Longhorns. Die großrahmigen Rückenschecken mit den langen, dünnen, ungewöhnlich geschwungenen Hörnern kennt man seit dem Mittelalter als typisch Englisch. Aus ihnen rekrutierte sich die erste Rinderrasse, die von dem Tierzuchtpionier Robert Bakewell nach noch heute gültigen Prinzipien entwickelt wurde.. Dies geschah vor etwa 250 Jahren!. Derzeit werden die Langhörner mit der freundlichen Wesensart in erster Linie als ideale Fleischrinder genutzt, obwohl auch ihre Milch nicht zu verachten ist. Wegen der feinen Fettverteilung ist sie speziell in den Meyereien gefragt., die den aromatischen Cheddarkäse herstellen. Die Longhorns aus England dürfen nicht verwechselt werden mit denen aus Texas. Diese haben ausschließlich Vorfahren aus Spanien, die mit Columbus über den großen Teich kamen.
White Galloway
Galloways gibt es nicht nur im klassischen Schwarz mit einem Hauch von Rot, sondern in ganz unterschiedlichen Farbschlägen,was aber der rassetypischen Robustheit, der Leichfuttrigkeit und der Anspruchlosigkeit keinen Abbruch tut. Die sogenannten Weißen Galloways. sind allerdings nicht reinweiß. Schwarz oder Rot bei den Puschelohren, am Flotzmaul und der Nase, sowie an den Augen gehören zum typischen Muster. Erstere werden „black pointed“, zweitere „red pointed“ genannt. Die gleiche Zeichnung schmückt das Englische Parkrind, das in halbwilden Herden auf einigen englischen Landgütern herumstreunt. Daher werden in älteren Schriften die White Galloways auch als parkfarben bezeichnet.
Deutsch Angus
Vor etwas mehr als 50 Jahren kamen die an Rouladen und Sauerbraten gewöhnten Deutschen auf den Geschmack des kurz gebratenen Fleisches. Die frisch gebackenen Steakesser stellten aber alsbald fest, daß die heimischen klassischen Zweinutzungsrassen nicht die geeigneten Stücke dafür lieferten. So importierten sie aus Großbritanien eine durch und durch spezialisierte Fleischrasse., die Aberdeen Angus. Deutsche Viehzüchter machten sich flugs daran die gerade einmal mittelgroßen, nur an Gras gewöhnten, hornlosen Schwarzen für den heimischen Markt um zu modellieren. Schwarz- und Rotbunte erweiterten den Rahmen und erhöhten die Bodenfreiheit. Fleck- und Gelbvieh polsterten sie zusätzlich mit noch stattlicheren Fleischpaketen auf. Darüber hinaus achtete man streng auf einen friedfertigen Charakter und angenehme Umgangsformen. Heraus kam Deutsch Angus, die erste Fleischrinderrasse „made in germany".
Pinzgauer
Aus dem Pinzgau im Salzburger Land kommen die kastanienroten Rückenschecken,die durch ihr solides Fundament bestechen. Rassetypisch sind die weißen Oberarmbinden, die „Fatschen“ genannt werden. Die heute in erster Linie als Mutterkühe genutzten weiblichen Rasseangehörigen verdingten sich früher als alpfähige Milchkühe mit zufriedenstellenden Leistungen. Die männlichen, nachdem sie zu Ochsen gemacht wurden, hatten als trittsichere und zugkräftige Traktoren den allerbesten Ruf, den sie regelmäßig auf dem bayrischen Landwirtschaftsfest verteidigten. Domänenverwalter und die Rittergutsbesitzer selbst aus dem fernen Preußen waren ganz erpicht auf die attraktiven Gespanne aus dem Süden, aber nur wenn die Zeichnung einwandfrei war. Dies führte zu einem übersteigerten Farbformalismus, der die Rasse fast ruiniert hätte. Heute ist man beim Äußeren der Mutterkühe etwas großzügiger, wenn nur die inneren Qualitäten stimmen.
Ungarisches Steppenrind
Das ungarische Steppenrind heißt bei den Magyaren Szilay. Es könnte auch Podolski heißen, denn von der podolischen Steppe in der Ukraine aus eroberte dieses graue Rind schon in grauer Vorzeit ganz Süd und Südosteuropa. Ihre Nachfahren haben bis heute rund um das Mittelmeer verschiedene Rassen und Schläge gebildet. Beste Lebensbedingungen fanden sie in der weiten Puszta von Hortobagy und Bugac. Bereits im Mittelalter zogen von dort, wie später nur noch im wilden Westen Amerikas, vielköpfige Rindertrecks zu den großen mediaevalen Wirtschaftszentren wie Wien, Straßburg oder Nürnberg, um die damaligen Wohlstandsbürger mit Frischfleisch zu versorgen. Später verdingten sie sich europaweit als Zugochsen. Da die Szilays die Umformung zum Fleischrind modernen Zuschnitts verpassten, müssen sie sich auch heute noch einjochen lassen, um tokajertrunkene Ungarntouristen zu einer der Csardas in der Puszta zu karren. Die grauen Rinder mit den langen, imposant geschwungenen Hörner bleiben aber ein uraltes Kulturgut aus der Gründerzeit der Rinderzucht.
Dexter
Die kleine Rinderrasse wurde im 19.Jahrhundert von Mr.Dexter aus den Irischen Kerrykühen erzüchtet. Anspruchslos in Kost und Logis versorgten sie die damals sehr armen irischen Landarbeiterfamilien mit allem Lebensnotwendigen. Heute repräsentieren die Dexter , die es mit roter und mit schwarzer Decke gibt, die kleinste englische Milchrasse mit erstaunlichen 4000 kg Milchleistung pro Jahr. Angenehm in Typ und Charakter erobern die süßen Dackelkühe inzwischen auch die Herzen und Weiden deutscher Kuhfreunde, wo sie allerdings bevorzugt als Mutterkühe tätig sind. Der Miniaturisierung sind allerdings biologische Grenzen gesetzt. Verpaart man extrem kurzbeinige Eltern miteinander, einerlei ob sie rot oder schwarz sind, steigt proportional die Wahrscheinlichkeit für die Zeugung eines „Bulldogkalb“, das nicht lebensfähig ist.
Luing
Schotten nutzen seit Generationen das Prinzip der 3-Rassenkreuzung sehr erfolgreich in der Schaf- wie in der Fleischrinderzucht. Man nehme eine Robustrasse aus dem Hochland, erweitere deren Rahmen mit einer Rasse aus den Niederungen und verpaare die weiblichen Nachkommen dann mit einem der ganz großen Fleischbringer. Um sich den ersten Schritt dieses Programms zu vereinfachen, setzten die Gebrüder Cadzow 1947 eine Herde Highland/Shorthorn Kreuzungen auf einer Insel vor der Küste aus und gesellten den rotgelockten Damen einen Shorthornbullen bei. Die unter den rauhen Bedingungen aufgewachsenen Färsen erwiesen sich später als exzellente Mutterkühe.Sie gebären problemlos ihre Kälber, auch wenn diese einen Charolais- oder einem Fleckviehbullen zum Vater haben,und ihre Milch reicht für eine gute Aufzucht immer. Für sich selbst sind sie dabei völlig anspruchslos. 1965 wurden diese Kreuzungen als eigene Rasse anerkannt und benannt nach ihrer Heimatinsel Luing, ausgesprochen Link.
Belted Galloway
Eine Färbungsvariante bei den Galloways sind die mit dem breiten weißen Bauchgurt, die Belted Galloways. Offenbar ist die Liebe zu ausgefallenen Fellzeichnungen in allen Kulturen vorhanden und nicht auf die Schotten beschränkt Ein ähnliches Muster findet man auch bei einigen anderen bodenständigen Rassen, wie bei den Holländischen Lakenfeldern und dem Schweizer Gurtenvieh. In England wird seit 1921 für die „Belties“ ein eigenes Zuchtbuch geführt. Wo Schwarz ist, ist auch immer ein bisschen Rot. Diese Erfahrung aus der Schwarzbuntzucht, wo in den Herden als rezessiv verborgenes Merkmal auch Rotbunt auftritt, gilt auch bei den Galloways. Da in Schottland zum Zwecke eines Gütesiegels stets Schwarz bevorzugt wurde, sind rote und erst recht red belted Galloways heute eine ausgesprochene Seltenheit. Die rostfarbenen Elterntiere bestätigen die Vererbungsgesetze von Gregor Mendel. Sie sind immer reinerbig rot und haben so nur fuchsige Nachkommen.
White Park Cattle
Die Herkunft des White Park Cattle liegt weitestgehend im Dunkeln. Einerlei ob keltischen, römischen oder normannischen Ursprung wurden sie wegen ihrer aparten Färbung besonders verehrt. Sie grasten wahrscheinlich in heiligen Hainen. Weil diese von den Druiden gewiß weniger solide gesichert wurden, als es die einfachen Bauern bei ihren gemeinen Weiden gewöhnlich machen, konnten die Weißen von dort entweichen und verwildern. Als viele Jahrhunderte später englischen Landlords ihre Ländereien umzäunten war plötzlich der Bewegungsraum der Streuner wieder eingeengt. So wurden sie zu weißen Parkrindern. Popularität erlangten sie durch Charles Darwin, der die wenigen verbliebenen Herden einer Langzeitstudie unterzog zur Überprüfung seiner Evolutionstheorie. Als Wappentier des des rare breed survival trusts genießen sie heute weltweit besondere Aufmerksamkeit. Da ihr Bestand schon allein durch drei Buchstaben wie MKS oder BSE gefährdet wird, gibt es inzwischen aus versicherungstechnischen Gründen auch außerhalb Großbritaniens Herden der White park cattle.
Holstein Friesian
Vor mehr als 2000 Jahren wußte der römische Reiseschriftsteller Tacitus schon, daß die Kühe an der Nordseeküste viel Milch geben. Vor mehr als 200 Jahren kamen die traditionell dreifach genutzten Kühe aus Holstein und Friesland mit den Auswanderern nach Amerika. Dort entwickelten sie sich zu wahren Milchmengenspezialistien mit gigantischem Erfolgen. Heute sind 20.000 Liter Milch selbst bei Färsen keine Utopie mehr, und Kühe mit 100.000 kg Lebensleistung sind kaum noch der Rede wert. Dieses ist nur möglich durch ausgefeilte Züchtungsstrategien und moderne Reproduktionstechnik. Dank der künstlichen Besamung haben einzelne Bullen der Spitzenklasse mehr als 100.000 Nachkommen weltweit und mittels Embryotransfer können die Elitekühe 50 und mehr direkte Nachkommen haben. Es ist in naher Zukunft damit zu rechnen, daß sie genetisch identisch kopiert werden in unendlicher Zahl durch Klonen. Diese Art der Vermehrung wäre dann das Ende der eigentlichen HF-Rinderzucht.
Salers
Die uralte Kulturrasse aus der Auvergne im Zentralmassiv wurde dreifach genutzt, als Fleischrind, als Milchkuh und als Gespanntier. Bei dem Arbeitsdienst kamen den kastanienroten Franzosen ihre eisenharten Klauen zustatten. Als perfekte Mutterkuh bringen die Salers problemlos auch jene Kälber zur Welt, deren Vater einer der großen Französischen Fleischrassen angehört wie Charolaise, Limousin oder Blonde dÀquitaine. Da ist auch die Masse eines hiesigen Fleckviehbullen kein Hindernis. Genügend Milch für die wuchtigen Nachkommen haben sie allemal, denn bis heute lohnt es sich für einige Salerzüchter, den europäischen Milchmarkt zu bereichern. Die Salers sind darüber hinaus so robust und anspruchslos, daß schottische Züchter sie über den Kanal holten, um ihren doch recht kleinen Robustrassen zu ein bisschen mehr Rahmen und Fleischfülle zu verhelfen.
Fleckvieh
Das Fleckvieh repräsentiert eindeutig den Typus des Höhenviehs mit großem Kopf, breitem Hals ausgeprägtem Triel und exzellenten Beinen. Nicht so eindeutig ist es, ob es zu den Fleisch- oder Milchrassen zu zählen ist. Schließlich gibt es Fleckviehherden mit einer Durchschnittsleistung von über 10.000 Litern. Damit sind sie die Hauptlieferanten der renommierten süddeutschen Molkereien und Käsereien. Gleichzeitig werden die Kälber wegen der guten Bemuskelung hoch gehandelt und die Bullen lassen die Herzen aller Mäster weltweit höher schlagen. International ist das Fleckvieh allerdings eher unter dem Namen Simmentaler bekannt. Schließlich wurden in früheren Zeiten die gefleckten süddeutschen Höhenrassen immer wieder veredelt durch Stiere aus dem Schweizer Simmenthal. Die Rinderwelt ist heute um so mehr auf Fleckvieh made in germany erpicht, da es dieses inzwischen auch genetisch hornlos gibt und für den Export in die Tropen mit eine dunklen Augenumrandung, was dort sehr praktisch sein soll.
Charolaise
Die großrahmigen Fleischberge sind eine Hinterlassenschaft Cäsars bei den Galliern. Die Vorfahren der porzellanfarbenen Kolosse zogen als Wegzehrung mit den römischen Legionen gegen Vercingetorix. Ein Teil der Vierbeiner wurden fahnenflüchtig und blieben lieber dort , wo ihr Entrecote wirklich geschätzt wurde. Charolaise sind stets nur Fleischlieferanten gewesen und nicht auch noch als Traktoren tätig gewesen wie die meisten anderen Fleischrassen. Napoleon versuchte sie zum Arbeitsdienst zu verpflichteten allerdings nur für kurze Zeit. Ihre Klauen erwiesen sich als nicht hart genug. Bei den Franzosen galt ein Bulle nur dann als gut bemuskelt , wenn der Inhalt einer Flasche Champagner in der Kuhle über dem Kreuzbein genügend Platz fand. Später modellierten englische Rinderzüchter die kompakten Franzosen um und verhalfen ihnen zu etwas längeren Linien, was den Geburtshelfern heute manchen Schweißtropfen erspart.
Galloway
Vor über tausend Jahren brachten die Kelten die Galloways in den hohen Norden Britaniens Seitdem helfen die angeboren hornlosen Wuschelkühe mit den breiten Mäulern den Schotten, das Weideland für die Schafherden zu präparieren, indem sie es von Disteln, Brennesseln und Buschwerk freihalten. Wenn es nur um die Mutterkuhqualitäten geht, werden die Galloways mit weißen Shorthornbullen verbandelt. Die blaugrauen weiblichen Nachkommen genießen als „Bluegreys, in England einen exzellenten Ruf als die Mutterkühe schlechthin. Galloways waren bis vor etwa 25 Jahren hierzulande nur einigen Experten als Rasse bekannt. Heute haben sie die deutschen Weiden flächendeckend erobert, daß sie inzwischen wohl zu den heimischen Rassen gezählt werden müssen. Neben den klassisch kleinen Galloways sieht man bei uns selbst auf Magerweiden und Brachflächen oft erstaunlich große Typen. Diese haben einen Umweg über Kanada genommen, wo auch die Robustrinder größer, breiter und schwerer geschätzt werden.
Gelbvieh
Das Deutsche Gelbvieh wird auch Frankenvieh genannt. Genauer müßte es Unterfrankenvieh heißen , denn eben dort ist ihr eigentliches Zuchtgebiet. Es ist die einzige deutsche Zweinutzungsrasse mit dem Schwerpunkt Fleisch. Der breite, lange Rücken und die kräftige Bemuskelung der Schulter und des Hinterteils sind Beleg dafür. Früher gehörte als drittes auch noch der Zug zu ihren Aufgaben. Aus der Zeit stammen ihre ausgezeichneten Fundamente und der raumgreifende Schritt. Während sich im eigenen Land die Popularität des Gelbviehs in Grenzen hält sind die gelben Franken in den führenden Ländern der Rindviehhaltung wie England, Argentinien oder Kanada überzeugende Botschafter der bayrischen Tierzucht. Ihren Vettern, den Limousin oder den South Devon stehen sie in Nichts nach. Bei den Amerikanern ist Gelbvieh stets in der engeren Wahl, wenn es gilt einen echten Fleischbilder in einer verbesserungswürdigen Rinderherde einzusetzen.